„Am Meer, soll man aufhören zu sollen und nichts mehr wollen, nur Meer. Nur Meer!“
(Erich FRIED)
Das Jahr 2022 machte durchaus Anstalten, ein Jahr der Wahrheit zu werden, daher auch zu Beginn ein Geständnis vom Melzer, dass mit dem eigentlichen Inhalt dieses Eintrags aber gar nix zu tun hatte. Vor kurzer Zeit erschien das zweite Album von Alison KRAUSS & Robert PLANT, und wieder war es sehr schön und stimmig geworden. Mehr davon ganz unten in der Wühlkiste. Das Geständnis bezog sich eigentlich darauf, dass der Melzer wie der gealterte Robert Plant sein wollte, immer noch recht fesch, großartig bei Stimme, herzeigbar, also alles Attribute, die ja beim Melzer, mehr oder weniger, völlig verloren gegangen waren. Doch zeigten die aktuellen Videos, dass der Mann (Plant, nicht der Melzer) in den letzten Jahren ziemlich alt geworden war. Für den Melzer eine herbe Enttäuschung, die uns wieder einmal vor Augen führte, es blieb uns ALLEN nicht erspart. Aber das Album gelang trotzdem mehr als gut!!!
Damit in den winterlichen Süden und zum zweiten Geständnis, er war Anfang Dezember auch dort gewesen, also während des Lockdowns, und der Shitstorm konnte jetzt ruhig kommen. Eine kleine Flucht ins adventige Laibach, Anfang Dezember, ein Tagesausflug nach Triest, gut Fisch und Pasta essen, den Unterschied beim Kaffee schmecken. Schön wars, daher hier an dieser Stelle noch nachträglich ein paar Fotos aus der letzten Adventzeit, aber in 11 Monaten ist eh schon wieder so weit.
Aber jetzt, Traum, oder Wirklichkeit?
Immer wieder hatte es der Melzer getan, mehrmals hatte man ihn deswegen ein wenig "schief" angesehen. Sein Besuch der nördlichen Adria während der Wintermonate wurde ganz gerne belächelt, ja manche hielten ihn, höflich formuliert, für einen ziemlichen Deppen, was diese „Leidenschaft“ betraf.
Doch dieser Besuch hatte für ihn etwas sehr Spezielles, so wie ein Friedhofsbesuch zu Allerheiligen, ein melancholischer Spaziergang während des nebelverhangenen Novembers, wie ein Winterspaziergang über eine verschneite Almwiese, sofern sie nicht als Skipiste missbraucht wurde.
Wie friedlich doch die Welt sein könnte, wenn es uns, den Menschen nicht gäbe!
Auch noch eine Anmerkung in eigener Sache, dazu gäbe es auch ein Sprichwort, dass an dieser Stelle absichtlich nicht angewendet wird!! Bei dem Thema hatte der Melzer ein wenig seine Leichtigkeit verloren. Es gab (über Jahrzehnte) langjährige Freund:innen, die gerne mit einem "mitlebten, die immer wieder wohlwollend darauf hinwiesen," dass die eigene Geschichte („chronische Erkrankung“) milder verlief, als es die rabiaten 90er vermuten ließen. Das tat wahrlich gut!
"Versorgt" wurde der Melzer auch stets aktuell mit Informationen aus der Pharma-Branche, von einer Person, die wusste, was sie seit vielen Jahren tat. Es gab aber auch im engeren Umfeld Aussagen mit leichter Zunge, „er wollte nicht“, wenn es dem Melzer dann kurzfristig doch einmal „schlecht ging.
Vielleicht war es tatsächlich ja auch ein „Fehler“, sich selbst nicht leid zu tun, vielleicht war es ja auch ein Fehler, über die eigenen Befindlichkeiten nicht zu reden, diese für sich zu behalten??
Gleich noch ein Zitat, bevor es mit seinem „Alltag“ weiterging:
„Wir werden alle verrückt geboren. Einige bleiben es!“
(Samuel Beckett)
Traum, oder Wirklichkeit?
Also, was soll es, dachte sich der Melzer, und fuhr wieder dorthin, wo er sich wohlfühlte, wenn die Massen das nördliche Italien mieden, wenn die Luft rein und klar war für wirre Gedanken.
Omikron hatte ohnehin schon beide Füße und den Oberkörper in der Tür, doch wenn man den 3er auf der Stirn, die Maske auf der Nase, den Test im Gepäck hatte, was sollte ihn daran
hindern??
Nicht umsonst wurden Filme wie „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ oder „Venedig sehen und sterben“ oder „Tod in Venedig“ nicht im Hochsommer gedreht. Die nördliche Adria bot während der Wintermonate stets was Reizvolles, egal, ob in Venedig, in Grado oder im Golf von Triest.
Zugegeben, der Reiz lag natürlich auch darin, dass die
nördliche Adria um diese Jahreszeit von keinen Massen aus Österreich überschwemmt wurde, nirgends sah man Schlauchboote oder Luftmatratzen, die Segler hatten ihre Schiffe eingewintert, die
Besitzer der stolzen Yachten südlichere Gefilde aufgesucht. Und man wurde auch bekleidungstechnisch von den verhaltensauffälligen Gästen aus Österreich und Deutschland ziemlich verschont. In den
Geschäften und Lokalen hörte man ausschließlich die schöne Sprache der Einheimischen, während der Monate April bis Oktober fast nicht zu vernehmen. Für etwas UNruhe sorgten auch, um diese
Jahreszeit üblich, die gestrengen Winde, die hin und wieder Teile des Orts unter Wasser setzten, die, sozusagen kurzfristig, für einen "Alarmzustand" sorgten.
Da konnte es dann durchaus passieren, dass es entlang des Strandes wie nach einem mittleren Unwetter aussah, das Meer spülte Treibholz, manchmal einen ganzen Baum, Utensilien des letzten Sommers oder sogar ein altes Tretboot an, wo auch immer das herkam. Aber immer noch besser als die üblichen Verdächtigen mit österreichischem Kennzeichen. Die Natur war unerbittlich, die Massen ließen sich kanalisieren.
Was für ein Glück für „die Massen“, denn immer öfter stand dem Melzer, ein Misanthrop der ersten Stunde, die Verachtung gegenüber der Menschheit mehr ins Gesicht geschrieben.
Und was er noch an dieser Stelle behaupten konnte, so sehr auch ihm die Übergangszeiten und ihre Temperaturen guttaten, war
gegensätzlich das, was Albert Camus in einem seiner weisen Sprüche verfasst hatte:
„Mitten im tiefsten Winter wurde mir endlich bewusst, dass in mir ein unbesiegbarer Sommer wohnt!“
Süß und plump…
Viele Spaziergänge, egal, ob in Grado, Triest oder Venedig, ließen die noch vorhandenen Synapsen vom Melzer ziemlich rauchen. Auch
diese Erinnerung kehrte wieder, und sie erinnerte den Melzer an sein subjektives Verlangen nach Panettone! Natürlich nur zwischen Ende Oktober und Anfang Jänner.
Blickte man sich heute in simplen Märkten der Stadt Wien um, es gab diese kulinarische Einbahnstraße des Advents überall, in allen Qualitäts- und Preisklassen. Mehl, frische Eier (ha ha), Zucker (oh je), Butter, Rosinen (Durchfall- oder Ablehnungsverdacht), kandierte Früchte, natürlich Hefe und Salz.
Auch wenn sich ein alter Linker jetzt weit aus dem Fenster lehnte, die besten Panettoni der Stadt bekam man beim Meinl am Graben. In Italien jedoch, da wurde die Qual der Wahl schon ein wenig schwieriger, hatten doch die kleinen Bäckereien den zeitlichen Vorteil, ihre Ware viel länger den Gärvorgängen auszusetzen, wodurch die Produktionszeit schon einmal zwischen 30 und 72 Stunden dauern konnte. Und ganz ehrlich, man schmeckte es!! Aber dafür wieder extra nach Mailand fahren...
So sei dieser kleine Tipp eine vorauseilende Notiz für die Adventzeit 2022, denn die kam unweigerlich, unaufgefordert und bestimmt, wie schon zu Beginn dieses Eintrags erwähnt.
Damit, wenn auch etwas wirre, wieder zurück nach Grado!
Solch‘ Gedanken kamen dem Melzer gerne, wenn er sich in einer der Café-Bars „seines Vertrauens“ niederließ,
auch hier galt die Regel, außerhalb der Saison ja bitte, während der Saison eher meiden. Das Lokal hatte während der stillen Zeit eine besänftigende Wirkung auf ihn. Wie
eine Insel des Friedens, sehr gerne anzusteuern, bevor er sich auf den Rückweg zum Hotel machte. Die Galleria Excelsior, in der Vialle Europa Unita.
Zudem ein Ort, der sich nur wenige Gehminuten von der ehemaligen Hotel-Pension "Fortino" entfernt befand, und die Geschichte wird damit ein Einsehen haben, dass dieses Haus schon damals für den guten Ruf Grados quasi ein Fundament gebildet hatte. Was im "Heute" den meisten Zugezogenen aber sowas von wurscht war! Stets möchte der Melzer an Josef AUCHENTALLER erinnern, der gemeinsam mit seiner Frau diesem Haus vorstand, ohne ihn wäre die Wiener Secession nicht das, wozu sie wurde. Auchentaller war Gründungsmitglied, und doch ist er heute ihr unbekanntester Vertreter! In ewiger Erinnerung an Josef Auchentaller!
Die Goldbrasse Deiner Wahl...
Jeder weiß, dass die Überfischung der Meere nur dem Profit weniger dient und ganze Arten dabei vernichtet werden. Das geschieht nicht, weil Menschen sonst verhungern würden, das geschieht, damit Konzerne noch mehr Geld verdienen. Und alle schauen zu, niemand rührt einen Finger. Dies passierte auch in der Adria, kein Stückchen Meer war vor diesem grausamen Schauspiel sicher. Was, gepaart mit einem falschen Umweltverständnis, während der 80er-Jahre für eine sehr schlechte ökologische Situation im Golf von Triest geführt hatte. Erst seit einigen Jahren bemühen sich div. Umweltorganisationen auf das Leben der Meeresbewohner zu achten, und so kann es mittlerweile wieder durchaus einmal passieren, dass man am Ufer des Schlosses Miramare stehend, eine der großen Wasserschildkröten oder größere Oktopus-Exemplare zu Gesicht bekommt, ebenso wie die wahrlich selten gewordenen Stabfische.
Flanierte man im "Heute" während der Hauptsaison durch die Altstadt von Grado, rechts und links wucherten die Schanigärten der Gastronomie wie Algenbüschel, dann ließ sich wunderbar beobachten, wie eine spezielle Klientel sich nahezu darin suhlte, vor den Augen der Menschen etwas zu präsentieren, egal, ob es das Monatsbudget überschritt, oder nicht. Und genau diese Art von Klientel scherte sich einen Dreck darum, woher der Fisch kam, ob die Adria bereits völlig überfischt war, Hauptsache, die Goldbrasse am Teller zeugte von kurzfristigem Wohlstand.
Dass sich der Melzer in leicht fiebrigem Überhöhungszustand befand, sei auch an den nächsten zwei Kurzeinträgen zu erkennen, scheinbar tat ihm die Menge an zu viel MEERluft nicht ganz gut:
Nachhaltigkeit:
Liebe Jugend, ein klitzekleines Beispiel wie man es nicht machen sollte:
Ein Mediamarkt-Spot, der während der Feiertage im Dauerlauf lief. Vier Jugendliche tanzen auf irgendeinem Dach über Wien oder sonst wo, in Vorfreude auf die angekündigten Ausverkaufspreise. Zu
einer Melodie von Falcos „Helden von heute“. Hatten sich die vier Jugendlichen darüber Gedanken gemacht, zu welchem Text sie da tanzten??? Hätten sie sich den Text vor dem Dreh durchgelesen, wäre
sie vielleicht nicht vor die Kamera getreten, oder lockte doch nur die Gage??
„Die Dummheit hat aufgehört, sich zu schämen!“ (A. Kastner)
Es wird nahezu täglich der größte Blödsinn hinausposaunt. TV und soziale Medien sagen über Sachverhalte stets nur einen Teil aus (wahrscheinlich absichtlich…), nie alles! Der Mensch wird dadurch von der Urteilsarbeit enthoben. Ihm wird permanent suggeriert, er könne über das Gelesene oder Gesehene verfügen, was er tatsächlich als Machtzuwachs empfindet. Wahrlich trügerisch! In den Echokammern hat sich die Lüge bereits wahrgelogen.
Und hiermit zur Wühlkiste, damit das Leiden der Lesenden endlich zu einem Ende kam, für einen kleinen Teil jetzt erst aber so richtig in Wallung geriet:
Des Melzers Wühlkiste, Nr. 1/2022
Das wundersame Album "Raise the Roof" von Alison Krauss & Robert Plant durfte der Melzer bereits eingangs dieses Eintrags erwähnen, knapp 15 Jahre nach ihrem ach so erfolgreichen Erstling gelang doch noch ein zweites Album, wir sollten es hegen und pflegen, viel mehr wir da wohl nicht mehr kommen!
Ein Buch-Tipp, unheimlich und durchaus grausam, des Melzers ewiger Freund, alias "das Lange" hatte wieder einmal den richtigen Riecher: "Stille des Todes", Titel Nr. 1 aus der kleinen Serie von Eva Garcia Saenz hatte ALLES, was einem schlaflose Nächte bereiten konnte. Eine heiße Empfehlung für starke Nerven!
UND auch, wenn es jetzt dem Melzer ein wenig schwer ums Herz wurde, die nachfolgenden Zeilen:
STARRsinn & UNsinn
Wie trennend dieser ganze Corona-Schaaaass sein kann, sei anhand eines weiteren Beispiels erwähnt:
Zu Beginn eine kleine Abschweifung: Könnt‘ Ihr Euch zufällig an die Maxell XL-S 90 erinnern? Es war
damals die Kassette, die jeden Qualitätsrahmen sprengte. Sie klang unglaublich gut, wickelte sich nicht auf und hielt dauerhaft. "Glänzte" zusätzlich durch ein mattes und robustes
Gehäuse. Unzählige Stücke nannte der Melzer damals sein Eigentum, und unzählige dieser Kassetten „bespielte er im Auftrag" mit Songs von Van Morrison für Freund:innen und
Kolleg:innen.
Van Morrison war seit den späten 80ern ein fixer, konsequenter, verlässlicher & stets musikalischer Begleiter vom Melzer. Abgrenzen war
von vornherein wichtig, z.B. wenn es zu religiös wurde, aber es blieb letztlich die Liebe zur Musik, zur Lyrik, zum Gesamtkunstwerk. Handke meinte einmal, nur Morrison könne einen guten Tag
beschreiben.
Sein bisheriges Gesamtwerk hob den Musiker sogar in den lichten Himmel der „Sirs“, dessen Aberkennung kürzlich im Raum stand, bzw. noch immer steht. So groß war/ist der Zwist aktuell zwischen dem irischen Gesundheitsminister Robin SWANN und der musikalischen Größe. Auf alle Fälle reichte der Gesundheitsminister mittlerweile Klage gegen V.M. ein, weil dieser ihn als „gefährlich“ und als „Gauner“ bezeichnet hatte.
Vielleicht hätte Mr. Morrison doch mehr auf seine mittlerweile verstorbenen Kollegen Ray Charles & John Lee Hooker hören sollen, die könnten ihm den Unterschied zwischen Sklaverei (wie es V.M. bezeichnet) und „eine Zeit lang nicht auftreten können“ sicher erklären.
Und trotzdem möchte Euch der Melzer, versöhnlicher denn je, eine Playlist auf Spotify nicht vorenthalten, mit den schönsten Songs (VOR Corona), die dem Iren so von der Feder gegangen sind, also im Zeitraum von ca. 1985 – 2010:
(( Playlist Van Morrison auf Spotify ))
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Doris (Sonntag, 16 Januar 2022 16:50)
Lieber Peter!
Danke für diesen großartigen, einfühlsamen und lyrischen Reisebericht über Grado!
Hab mich sofort hineinversetzt und bin geistig mitgereist!
Und die Playlist tat, wie geheißen - VM ist eben auch eine musikalische Reise wert!
Ganz liebe Grüße
Doris
Heidi (Sonntag, 16 Januar 2022 21:06)
Danke für ein bisschen Poesie und Fantasie in diesen Zeiten! Ich war vor Jahren zur Adventzeit in Ljubljana - leider zu kurz - auf die geplante Wiederholung wartet das Leben ...
PS: Und ja, man darf auch über die eigene Befindlichkeit reden. Alles Gute!