Sommer 2018 - "Sentimental Journey"

Nicht der Melzer fürchtete sich vor dem fortschreitenden Alter, das Alter fürchtete sich vor ihm! Sein relativ pragmatischer Umgang mit diesem Thema war nicht allen Wegbegleitern egal, aber was solls, so tickte der Melzer halt einmal. Was man ihm jedoch nicht ganz absprechen konnte, war sein stets wachsender Hang zur Melancholie. Und was man ihm auch nicht austreiben konnte, war sein manchmal zart schielender Blick in die Vergangenheit, obwohl die ganze Welt stets mahnte, dass dieser doch immer nach vorn gerichtet sein musste.

 

Da sich unser Komiker aber in einem Lebensabschnitt bewegte, wo ihm solche Ermahnungen bereits ziemlich egal waren, nutzte er schon einmal, wenn sich die Gelegenheit ergab, die Zeit für einen Blick zurück.

 

Die Reise ging für einige Tage in den Süden Österreichs, exakt in das Rosental nach Unterkärnten. Dort urlaubte sein Patenkind aus dem Ländle inkl. Familie an einem wunderbaren Badeteich (s.o.), der lag völlig abseits jeglichen Rummels, ganz nach dem Geschmack des Melzer. Und diese Gelegenheit packte er beim Schopf, um auch gleichzeitig einen Blick in die eigene Kindheit zu unternehmen.

 

Wenn man so will, lag diese knapp 8 KM vom Badeteich entfernt, in Seelach am Klopeinersee. Dank mangelnder Reiseflexibilität seines Vaters verbrachte er dort jeden Sommer zwischen seinem 5ten und 18ten Lebensjahr. Danach war er nie wieder am See gewesen!

Im oben zu sehenden kleinen Strandbad, das auch aktuell noch immer so aussieht wie vor 50 Jahren, lernte er schwimmen, tauchen & paddeln, auch die auf der linken Seite wachsenden Seerosen schienen völlig unverändert die Jahrzehnte überstanden zu haben. Auf der Strandpromenade während abendlicher Spaziergänge mit den Eltern haben Glühwürmchen auf seinem Kopf Platz genommen. Ein paar Jahre später gab es für ein Mädchen aus Berlin den ersten Kuss, im Sommer darauf den ersten, schmerzenden Liebeskummer. Zum Leben reichte ein Handtuch, eine Badehose und 20,00 Schilling in der kleinen Innentasche, damit man sich eine Portion Pommes kaufen konnte, oder dem Lieblingsflipper endlich das heißerkämpfte Freispiel entriss. Wild waren die Partien am Tischtennistisch, stolz war man, wenn es einem gelang, auch einmal einen Einheimischen zu besiegen.

 

Das Leben im - damals noch - durchaus beschaulichen Ort trug familiäre Züge. Die Besitzer der kleinen Frühstückspension avancierten während des mehrwöchigen Aufenthalts zu Ersatzeltern. Man kannte sich, egal ob im Restaurant, in der Trafik, in den beiden Strandbädern oder der Spielhalle. Kam der Melzer mal schon 14 Tage vor den Eltern, dann durfte er anschreiben lassen, niemand zweifelte daran, dass der Vater dann später die "Schulden" begleichen würde. Jährlich ging es natürlich auch noch nach Tarvis, waren es in den ersten Jahren noch Modellautos der Firma Burago, die auf einen sehnsüchtig warteten, musste es dann in den pubertären Jahren irgendein Sweater mit Uni-Logo oder ein Paar neue Cowboystiefel sein.

 

Schließlich wurde man doch ein wenig erwachsen, und der ganze Zauber war mit einem Schlag verflogen. Ganz frei nach Heinrich Heine und seiner Waldeinsamkeit: "Und sie entflieht mit entsetzten Mienen, als sei ihr ein Gespenst erschienen."

Die vier obigen Bilder stammen aus den 60er- und 70er-Jahren, das Bild darunter war gerade einmal ein paar Tage alt, den Tischtennistisch gab es nicht mehr, atmosphärisch erinnerte das zweite Strandbad durchaus noch an frühere Tage. Resümee: Der See versprühte - auch ob seiner nach wie vor tollen Wasserqualität - noch ein wenig den Zauber von früher, sehr genoss der Melzer den Badetag an seinem Ufer. Der gesamte Ort hingegen war leider einer einzigen Verschandelung zum Opfer gefallen, ebenso die Kreativität der Gastronomie. Der Streuselkuchen im Strandbad war jedoch große Klasse gewesen, zur Entschuldigung. Das Angebot der Geschäfte an Textilien und Accessoires war so schlecht, dass der Markt in Tarvis tatsächlich durchaus als Nobelboutique durchgehen konnte. Eine durchwachsene Rückkehr, die der Melzer jedoch nicht reute!!

Dafür gefielen ihm die täglichen ersten Stunden bei Kaffee und Zeitung auf der kleinen Terrasse in der Nähe des Draustausees sehr gut. In dem kleinen Ort, den der Melzer nicht näher erwähnen möchte, fühlte man sich sofort wohl, es sagten sich Fuchs und Hase gute Nacht, der großzügige Badeteich wies ebenbürtige Wasserqualität wie der Klopeinersee auf, die kleine Strandwiese hatte man jedoch für sich allein. Die einzige Gefahr lauerte auf den unzähligen Obstbäumen des Geländes, die Früchte purzelten ob der großen Trockenheit wie nur...

 

Velden wurde kurz besucht, auch einer Zitrusplantage in der Nähe des Faaker Sees und den Kelten machte der Melzer seine Aufwartung.

Damit zur Wühlkiste. Wie schon eingangs erwähnt, als alter Melancholiker wendet sich der Melzer in letzter Zeit immer mehr den folkigen Singer/Songwritern zu, da hat er sich in den vergangenen zwei, drei Jahren durchaus durch eine erkleckliche Anzahl an Alben von tollen KünstlerInnen durchgehört und deren Werdegang nachverfolgt. Beispielhaft erwähnt sei da nur u.a. Songs of Boda, Robert Ellis, Son of the Velvet Rat, Eleonor Friedberger oder Amos Lee. Und die Liste ließe sich lange so fortsetzen...

Ging es um deutschsprachige Musik, musste sich beim Melzer zuerst einmal alles mit Sven Regener und seinen Element of Crime messen, was natürlich unfair war! CLUESO / "Handgepäck I", ein sehr ruhig instrumentiertes Album des mehr als erfolgreichen deutschen Musikers, mit dem der Melzer bisher nie warm werden konnte. Könnte sich jetzt ändern!! Und natürlich wartete er auch schon sehnsüchtig auf das im Oktober erscheinende neue "Element Of Crime"-Album...

DAMIEN JURADO / "The Horizon Just Laughed" - der Mann, der aussieht wie der Buchhalter von der Tischlerei nebenan, war derzeit Melzers großer Favorit. Ein ruhiges, schönes Album, die Songs ziehen einem fast magnetisch in ihren Bann!!

JONATHAN JEREMIAH / "Good Day". Über JJ hatte der Melzer schon mehrmals berichtet, ihm und seiner Musik folgte er schon seit knapp 6 Jahren, und noch jedes Album hatte bisher überzeugt.

 

 

UND nach wie vor war der Melzer der Meinung, dass man Produkte des Nestlé-Konzerns nicht kaufen sollte!

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Kommentare: 1
  • #1

    Eva Saltis (Dienstag, 28 August 2018 09:44)

    Lieber Peter, vielen Dank für deinen Blog. Es war wieder die reinste Freude ihn zu lesen. Dabei kamen auch bei mir Kindheitserinnerungen auf. Die Urlaube damals - einfach aber wunderschön und ich denke sehr gerne daran. Freue mich schon auf einen heißen Herbst im „Bücherladen“ und euch alle wiederzusehen. Bis dahin einen lieben Gruß Eva