Mittlerweile mehr als 25 Jahre machte sich der Melzer Notizen über die Sonneninsel und ihre Umgebung, fotografierte wie ein Besessener, ohne jemals wirklich den ernsten Gedanken gehegt zu haben, einen Reiseführer über diese Region zu verfassen. Eher sah er sich als stiller Chronist und Archivar über eine Gegend, die ihm ganz einfach sehr am Herzen lag!
Manches hatte sich in seinen zahlreichen Einträgen wiederholt, manches "überholt", da schon wieder völlig anders. Manches blieb bisher beständig, wobei den Melzer stets auch die Angst ritt, dass sich etwas verändern könnte. Ihn als flexibel zu bezeichnen grenzte an Blasphemie! Natürlich veränderten sich manche Dinge, jetzt einmal auf Grado bezogen, auch zum Vorteil, und diese Veränderungen taten dem alten Geist vom Melzer dann doch wieder mehr als gut - früher hätte man "Restflexibilität" dazu gesagt.
Ja was gefiel ihm denn an Grado so gut, fragte sich hin und wieder die verwirrte Leserschaft, und flott hatte der Melzer einen
Vergleich parat: "Seine Altbauwohnung und das dazugehörende Gründerzeithaus liebte er wie nur was, mit allen Konsequenzen. Alte Türen zum Beispiel blätterten nun einmal ab, sobald die Heizsaison
begann, auch wenn man sie alle zwei Jahre strich. In einem alten Haus musste ständig etwas adaptiert, repariert, erneuert werden, aber es blieb ein altes, gemütliches Haus. Kein Vergleich zu den
unpersönlichen Betonburgen der Neuzeit."
So verhielt es sich für den Melzer mit Grado, er liebte die historische Altstadt, die ständig renoviert werden musste, er liebte die alten Fischerboote, die jährlich
einen Anstrich benötigten, er liebte die alten Villen, stets in Sorge darüber, dass sie irgendwann abgerissen werden könnten. Die Bausünden der letzten 50 Jahre taten ihm in der Seele weh,
doch das Fundament der Sonneninsel passte noch!
Wenn einem ein Ort so ans Herz gewachsen ist, dann möchte man schon auch immer wieder einen Blick hinter die Fassade werfen, oder vielleicht auch nur einmal wieder die lesenden Menschen dieser Einträge auf ein paar historische Hintergründe hinweisen, ohne anstrengend zu wirken.
Was hatte denn der Melzer in den letzten Jahren zum Thema Grado nicht schon abgesondert, das war ja fast schon wie sich ständig ins selbe Taschentuch zu schnäuzen. Leicht nachzulesen auf diesem Blog, siehe ältere Einträge wie diesen:
https://www.dermelzerblog.com/2016/04/19/diese-geliebte-werde-ich-ihm-nicht-%C3%BCberlassen/
Natürlich ging es auch dieses Jahr wieder mehrmals nach Grado, wobei der Melzer die Zeit im Winter/Frühjahr immer mehr liebgewann, da hielt sich die Anzahl der ungewöhnlich dekorativ gekleideten Gäste in Grenzen, da war man beim Pino oder auf der Promenade mit den Einheimischen noch unter sich. Viel Zeit, um Gedanken nachzuhängen, die vielleicht für eine bereits DRITTE Person keinen Sinn ergaben.
Die medial sich stets wiederholende Berichterstattung über die besten Restaurants der Altstadt, über die besten Weine jenseits jeglicher Schmerzgrenze, und über das 77igste Aperol-Spritz-Rezept überließ er gerne der üblich verdächtigen Eventgesellschaft.
Der Melzer hatte in seinem mittlerweile sehr umfangreichen Archiv gestöbert, um diesen Eintrag ein wenig optisch interessanter zu gestalten, gepaart mit aktuellen Aufnahmen des letzten Aufenthalts, bewusst in s/w gehalten, um die alten Motive stärker wirken zu lassen!
Seit gut zwei Jahren beschäftigte ihn die – nicht ganz untragische - Geschichte der
Familie Auchentaller und ihres Hotels „Fortino", im Wissen, was dieses Ehepaar für die Sonneninsel getan hatte. Wunderbar nachzulesen im Roman
„Das Geisterschiff“ von Egyd Gstättner,
eines der bezauberndsten Bücher der letzten Jahre, wenn man sich für Grado und seine Geschichte interessierte. Hatte der Melzer längst in einer seiner „Wühlkisten“ vorgestellt.
(Bilder nachfolgend: J.M. Auchentaller, das Hotel Fortino sowie eines seiner bekanntesten Werke!)
Bei der beflügelten Person links handelte es sich übrigens um den Erzengel Michael, seines Zeichens Anführer der himmlischen Heerscharen, zugleich wachte er seit vielen Jahren auf der Spitze des Turms der Basilika Santa Eufemia über das kleine Völklein der Gradeser.
Er, Josef Maria Auchentaller, dieses völlig zu Unrecht vergessene Gründungsmitglied der Wiener Secession, der heute noch so hoch gelobt werden müsste wie ein Gustav Klimt, SIE, Emma Auchentaller, geborene Scheid (schwerreiche Industriellenfamilie), eine der innovativsten & mutigsten Visionärinnen ihrer Zeit, bestimmten um die Jahrhundertwende den Aufstieg Grados als Kur- und Badeort, und bemühten sich nach den furchtbaren Jahren des ersten Weltkriegs wieder, um Grado aus der Vergessenheit zu holen. Zu diesen Zeilen passend möchte der Melzer gleich einmal einige Entwürfe/Plakate/Broschüren zeigen, die in den Jahren 1922 – 1926 von Josef Maria Auchentaller nach den Wirren des Krieges und seiner Rückkehr nach Grado für die Insel entworfen wurden:
Wie innovativ Emma Auchentaller damals dachte, zeigt sich auch anhand zweier
Beispiele:
1. Die ersten Ärztekongresse, damals noch direkt im Hotel stattfindend, da wurde noch ganz ohne Wellness und Degustationsmenü beraten. Herr Auchentaller kümmerte sich selbst noch um die Bewerbung, es könnte sich so manch‘ heutiger Pharmabetrieb ein Beispiel daran nehmen!
2. Die allererste Dampfwäscherei öffnete in unmittelbarer Nähe des Fortino, von Frau Auchentaller ins Leben gerufen, gemeinsam von mehreren Hotels genutzt. Damit konnten auch wieder zahlreiche Arbeitsplätze im immer noch ärmlichen Fischerdorf Grado geschaffen werden. Auch der Melzer wusste nicht, dass es zu dieser Zeit sowohl eine EISFABRIK am Beginn des Hafenkanals gab (heute nur mehr eine vor sich hin bröselnde Ruine), auch mehrere Sardinenfabriken befanden sich entlang des Kanals, um während der K&K-Zeit die großen Städte im Norden der Monarchie mit „frischem“ Fisch zu versorgen, so gut es damals halt ging.
Am Ende dieses Eintrags, nach einem großen, traurigen Zeitsprung, den der Melzer nicht näher erwähnen möchte, soll doch noch auf die sogenannten „Bausünden“ der Jahre 1960 – 2018 hingewiesen werden, wobei ihm völlig klar war, dass die Sichtweise der Dinge stets sehr different sein konnte. Über Gusto, Geschmack und Ohrfeigen stritt sich die Menschheit bekanntlich ja seit dem aufrechten Gang.
Es sei der getreuen Leserschaft angedroht, dies ist nicht der letzte Eintrag zum Thema "Sonneninsel". Nachstehend folgen zuerst Aufnamen aus der wahrlich schönen Altstadt, danach die erwähnten "Strandimpressionen", die sich in Grado auch noch Ende September/Anfang Oktober erleben lassen.
Der schönste Sommer ist der Herbst in Grado, und Signore Franco, den entzückenden Stammgast in der alten
Strandbar, musste der Melzer ganz einfach festhalten:
Und damit zur "Wühlkiste", bei der sich der Melzer dieses Mal auf zwei Neuerscheinungen konzentrieren möchte:
Gerhard ROTH / "Die Irrfahrt Des Michael Aldrian"
»Man hat Venedig oft genug als eine Märchenstadt bezeichnet. Das stimmt nur insofern, als es nicht nur verklärende, sondern auch grausame Märchen gibt.«
Gerhard Roth
Roth arbeitet ja sehr gerne in Zyklen, ziemlich am Anfang standen "Die Archive des Schweigens" und damit der Roman "Der Stille Ozean", seit diesem Buch war der Melzer dem Roth sehr angetan. Im aktuellen Roman lässt der Autor seinen Protagonisten von Wien nach Venedig reisen, um seinen Bruder zu besuchen, der jedoch nicht mehr da ist. Punkt. Es entwickelt sich eine durchaus spannende Kriminalgeschichte, die bei Gerhard Roth stets ein Roman bleibt!! Für einen Freund der nördlichen Adria wie dem Melzer natürlich ein aufgelegtes "Muss-Buch"!! UND da wird noch mehr kommen...
Harlequin's Glance / "PAIN AND ECSTASY"
Vorab, sie gelten nicht zu UNrecht als eine der besten Livebands Österreichs. Die Liebe ihrer Fangemeinde scheint grenzenlos, die einzige Ungerechtigkeit dabei, sie müsste aus Gründen der Gerechtigkeit viel größer sein!!
Jetzt ist sie da, die lang ersehnte neue Aufnahme der Harlekine rund um Gernot Feldner. Tom Waits hätte viel Freude mit der neuen CD ("To Your Shore", "Not With A Tear", "Polkka"), es schrumpelt und grummelt, dass es die reine Freude ist. Dazwischen Balladen wie "Losing Me" oder "Gold And Silver", die dem Melzer stets das Wasser in die Augen trieb. Klangen da nicht plötzlich ein wenig die Beatles durch? Diese FÜNF wunderbaren Musiker sind so perfekt auf einander eingespielt, dass es die reinste Trauer wäre, wenn diese CD nicht endlich zum längst überfälligen Durchbruch führen würde. Sie hätten es sich soooo verdient!!! Was für eine Wohltat für die Ohren, abseits des mittlerweile grausamen Formatradios...
Ihnen zu Ehren noch zwei Impressionen von der Sonneninsel, sowie ein abschließendes, zartes Säuseln der nördlichen Adria, für ALLE von uns eine kostenlose Möglichkeit, beim ZUhören ein wenig zur Ruhe zu kommen. Mögen Neptun und die Hüter der guten Musik mit uns sein:
Nie wurde der ewig Suchende besser getroffen als vom lieben Freund Alex:
Es säuselt die nördliche Adria an einem ruhigen Vormittag:
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