Diese Geliebte werde ich ihm nicht überlassen...

GRADO, die Sonneninsel, am nördlichen Zipferl der Adria. Michael DANGL hat ein Buch darüber geschrieben, nicht das schlechteste, zugegeben. Und natürlich erhielt ein bekannter Schauspieler mehr Ohr als der alte Taugenichts Melzer! Zudem musste er sogar eingestehen, dass sich viele Wahrnehmungen und Vorlieben überdeckten. So liebte Hr. Dangl Grado außerhalb der Saison noch viel mehr, wie auch der Melzer. Auch die stillen Ecken und unbekannten Lokale erfreuten beide Herzen, die einsamen Spaziergänge entlang des oberen Strandes, die Anreise über das Kanaltal, wo sich am unteren Ende zunehmend, selbst während der Wintermonate, bereits ein bisserl das mediterrane Flair des Südens einstellte.

Doch so ganz kampflos wollte der Melzer diese Geliebte nicht an den verehrten Hr. Dangl abgeben, dafür war sie auch ihm viel zu wertvoll und zu sehr ans Herz gewachsen. Und zum Glück hatte jeder auch so seine eigenen Vorlieben, die sich dann halt nicht überdeckten. Gut so!

 

 

 

 

 

Was Hr. Dangl in seinen Einleitungsworten als „aufregenden Entschluss“ bezeichnet, nämlich seine „Geliebte“ herzuzeigen, das hatte der Melzer wohl schon einige Jahre hinter sich. Die den Melzer kennen, wissen, dass diese Berichterstattung nun schon fast 20 Jahre andauert, mit nie abebbender Begeisterung. Eher im Gegenteil! Vor knapp 10 Jahren hatte er sich sogar einmal die Mühe gemacht, nachdem ihm eine alte Broschüre mit historischen Fotos in die Hände gefallen war, gut zwei Wochen lang durch den Ort zu streifen, diese Plätze aufzusuchen um sie knapp 100 Jahre später, sofern es sie noch gab, neu zu fotografieren und gegenüberzustellen. Doch genug der Gegenüberstellungen und Vergleiche!

 

Öfters wurde der Melzer gefragt, was ihm denn an der Sonneninsel so gefiel. Die ewig gleiche Antwort: Das Fade, das Langweilige! Grado hatte es im letzten Jahrhundert geschafft, zu bleiben, was es immer gewesen war, ein Kurort! Abgesehen von den zwei Sommermonaten während der Ferien, wo sich selbst dieser beschauliche Ort in einen einzigen Badestrand des Grauens verwandelte. Den Rest des Jahres konnte man, bis auf ein paar Ausnahmen wie Ostern, Pfingsten oder den Staatsfeiertag, wunderbare Zeiten in Grado erleben. Zu den sogenannten Stoßzeiten sollte man sich ein wenig vor vereinzelt auftretenden Eroberern aus den südlichen, österreichischen Bundesländern in acht nehmen, die nach wie vor der Meinung waren, dass eine Fahrt nach Italien zwangsläufig in viel zu großbedruckten Hemden und Poloshirts erfolgen musste, bei den begleitenden Damen war es eher der leicht chronische  Aperolspitz (kommt von Spitzerl), der sie dabei begleitete.

Natürlich wurde von Zeit zu Zeit auch Venedig besucht, mit dem Zug von Cervignano fast ein Katzensprung, natürlich nur dann, wenn nicht der Wahnsinn des Karnevals wütete, auch nicht während des Sommers, wenn sich die Massen zusätzlich verdoppelten, in dieser ohnehin schon wahnsinnigen Stadt. Und selbst dann wählte der Melzer gerne die Wege abseits des Wahnsinns, also die Strecken, wo sich nicht so viele, fremde Menschen fanden! Konkret ging es beim letzten Mal z.B. nach Cannaregio, genauer ins alte jüdische Ghetto, eigentlich in die Keimzeile dieses Begriffs, entstanden vor ca. 500 Jahren, auch Alvise wurde auch ein wenig genauer unter die Lupe genommen. Und die spärlichen LeserInnen dieses Eintrags mögen es nicht für möglich halten, auf weiten Strecken kamen der kleinen Gruppe maximal der eine oder andere Einheimische, ein paar Schüler oder fliegende Fische entgegen (natürlich geflunkert), der Irrsinn erschloss sich erst wieder kurz vor dem Bahnhof. Aber, eine der schönsten Pausen in Venedig der letzten Jahre ergab sich dieses Mal am Beginn des Ghettos in einer Filiale der lokalen Kette "MaJer" (Majer Ghetto), feine kleine Süssis, das beste Zitronentörtchen nördlich des Appenin EVER, auch der Prosecco, von der geliebten Frau als "Nuttensprudel" tituliert, mundete, der Kaffee aus eigener Rösterei begeisterte.

 

Doch selbst in der näheren Umgebung von Grado, um den Sprung retour auf die Sonneninsel zu machen,  gab es viel Sehenswertes! Aquileia, Palmanova, Udine, Triest, Duino, das Weinbaugebiet des Collio, der Karst. Alles in knapp einer Stunde von Grado aus erreichbar.

Hätte Grado nicht diese zur Schau getragenen Narben architektonischer Vertrottelung, bei der man auch nie wusste, welche kriminellen Machenschaften mit im Spiel gewesen sind, dann wäre es immer noch der beschauliche Ort wie zu Zeiten des Geisterschiffs. Es hatte Hr. Dangl schon erwähnt, ein tolles Buch von Egyd GSTÄTTNER, sehr empfehlenswert. Dank fehlender Infrastruktur, wie sie sich weiter südlich entlang der Adria an den Prolopromenaden immer wieder fand, gaben sich auf der Sonneninsel spätestens um 23.00 Uhr Fuchs und Hase die Hand zur guten Nacht. Selbst nächtens konnte man, egal zu welcher Jahreszeit, friedvoll durch die Altstadt streifen, entlang des Meeres die wunderbare Luft einsaugen, als Schlafwandler völlig unbedenklich durch die Gegend ziehen. Außer, man kam dem Meer zu nahe. Viele von Melzers langen Spaziergängen entlang des Meeres endeten beim alten Signalturm, der bei Nebel den Schiffen ihren Weg in die sichere Lagune wies. "Ich bin wieder da!", teilte er dann den Krebsen mit, die reglos unterhalb des Turms auf den nassen Felsblöcken saßen und ihn fragend anstarrten.

 

Auch erklärte der Melzer alljährlich einen Tag seiner Anwesenheit zum "Tag der Möwen"! Wer sich, nördlich der Karawanken geboren, in der erstrebenswerten Übung der Gelassenheit erproben möchte, sollte sich a) an italienischen Kellnern, b) an Mautbeamten orientieren, oder c) doch den philosophischen Weg wählen, um sich mit den Großmeistern der Gelassenheit beschäftigen, den Möwen auf der Sonneninsel!

 

Diese großen Meister der Flugkunst verursachten beim Melzer wiederkehrend das Gefühl der Freiheit, der Entspannung. Wie sie mit wenigen, sparsam eingesetzten Flügelschlägen ihre Runden rund um den Strand drehten, beeindruckte den Melzer stets aufs Neue! Hysterisch wurden die Gfraster nur, wenn es ums Futter ging. Egal, ob im Schlepptau eines Fischkutters, oder wenn der alte Komiker die Tierchen mit einer ebensolchen Semmel entlang der Promenade anlockte, da wurden die Viecher richtig ungut.

 

So, jetzt möchte der Melzer  noch drei erwähnenswerte Punkte der Insel anführen, die im Buch nicht wiedergegeben wurden. Die wunderschöne Madonna mit Kind, aus Holz, die sich links vom Eingang in der Kirche Santa Maria delle Grazie findet, zählt für den Melzer zum SCHÖNSTEN, was er jemals gesehen hat, dies als alter Atheist! Stets besuchte er sie, stets in Demut, wenn er vor ihr saß einer der wenigen Momente, wo selbst ein Melzer regungslos verharrte. Punkt ZWEI wäre der samstägliche Wochenmarkt, sozialer Treffpunkt der Gemeinde, Börse aller Gerüchte & Austragungsort der neuen Handtasche. Benötigte der Melzer wieder einmal einen Ersatzteil für seine alten Fahrräder, am Markt wurde er fündig.

 

Und zu guter Letzt das kleine Grätzel in der Via Galileo Galilei,, bestehend aus Tabacchi & Lotto-Annahmestelle, der nebenan liegenden Bar „Da Pino“ und der vis a vis befindlichen Panetteria. Das Klatsch&Tratsch-Zentrum des östlichen Orts, die schrägste Bar zwischen Tarvis und Rom, ein Epizentrum der Einheimischen, wo man geduldet wird, aber lange braucht, um akzeptiert zu werden. Vielleicht war es dem Herrn Dangl dort auch ein wenig zu gewöhnlich, zugegeben, heikel durfte man nicht sein. Auf der anderen Seite stand die wohl beste Minestrone, die man um € 2,00 in einem Plastikteller ergattern konnte, und der Brigai (ein weißer Friulano von einem kleinen Weingut der Region) ließ sich wahrlich nur von sehr teureren Artgenossen überbieten. Wirklich geschafft hatte man es bei Pino erst dann, wenn sich das eigene Konterfei auf einem der abertausenden Fotos fand, die quer durch das Lokal angebracht waren.

 

Einziger Wermutstropfen bei der ganzen G'schicht: Die Spielfreude der Italiener und das ewige Hoffen auf das rasche Glück lockte natürlich auch immer wieder die eine oder andere schwache Seele zur Annahmestelle bzw. zu den aufgestellten Glücksspielautomaten. Und weil man ja ein Herz in der Bruste hatte und kein Leberknödel, bedurfte es manchmal schon eines weiteren Schlucks vom Weißen, um die Beobachtung zu ertragen, wie die Spielsucht in die Taschen der zumeist ohnehin Unbetuchten griff!

 

Übrigens, zum Thema "schräge Tipps": In Cervignano am Bahnhof kostete "un Caffè" in bester Qualität und schöner Atmosphäre knapp € 1,00!! Dies allein ein Grund, dem Bahnhof von Cervignano einen Besuch abzustatten! Sollte man sich in Wien auf der Zunge zergehen lassen. Oder: War man nach einem Ausflug ins Hinterland nur noch wenige Fahrminuten vom bequemen Bett in Grado entfernt, hatte jedoch ein wenig Hunger,  konnte man ohne viel nachzudenken in die Pizzeria Ristorante  "Vecchia Napoli" einfallen, direkt am Weg zwischen Terzo und Aquileia gelegen.

 

Familiäre Stimmung, tolle, einfache Küche der Region, stets frischer Fisch, ein Überangebot an verschiedenen Pizzen, dünn & knackig, und zumeist nur Einheimische an den Nebentischen. Da brauchst Du keine hochgestochenen Kritiken der zumeist ein wenig hysterisch kommentierenden Damen vom "Ladies who lunch" aus der Presse, da brauchst Du nicht die wöchentliche Rubrik plus/minus aus dem samstägigen Kurier-Magazin, da war - in Wahrheit - die Welt zwar auch nicht mehr in Ordnung (Ihr wisst, was der Melzer meinte), aber ein leerer Magen wurde bestmöglich gerettet. Punkt, aus!!

Am Ende eines jeden Aufenthalts stand die Fahrt raus aus der Lagune, also in Richtung Karawanken. Und der Melzer fuhr diese Strecke so gerne, im Wissen der Wiederkehr! Im Wissen, dass man, abgesehen vom Anblick der 2, 3 örtlichen Bausünden am Horizont, die man sprengen oder akzeptieren musste, demnächst diesen wunderbaren Ausblick über die Lagune, ihren salzigen Geruch bei geöffnetem Autofenster, wieder genießen durfte! Die kleinen Krebse werden auch beim nächsten Mal wieder auf ihren Felsen sitzen, um sich über diesen winkenden Komiker sehr zu wundern!

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